5 Fakten, die wir über Künstliche Intelligenz und den Klimawandel wissen sollten

Analyse

Der Klimawandel und der digitale Wandel sind die beiden großen Transformationsprozesse der letzten Jahrzehnte und der Gegenwart. Zu häufig noch werden diese Prozesse getrennt voneinander betrachtet. Dabei bestehen zwischen beiden konkrete Zusammenhänge, die positive wie auch negative Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und auf das Klima haben. In welche Richtung wir steuern, wird von klugen politischen Strategien, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Anreizen abhängen.

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Wenn wir über die Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien für mehr Klima- und Ressourcenschutz sprechen, ist Künstliche Intelligenz (KI) in aller Munde. Das maschinelle Lernen, ein Teilbereich von Künstlicher Intelligenz, gilt dabei als besonders vielversprechend für die Bekämpfung des Klimawandels. Hier zeigen Wissenschaftler*innen immer mehr Szenarien auf, in denen das maschinelle Lernen Strategien zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel unterstützen könnte: Etwa im Verkehrs- oder Energiesektor, bei der Produktion von Gütern, in der Land- und Forstwirtschaft und im Katastrophenschutz. Gleichzeitig kann KI selbst zum Treiber des Klimawandels werden und bereits bestehende Herausforderungen, etwa im ethischen-sozialen und gesellschaftlichen Bereich, weiter verschärfen.

Aber was ist eigentlich Künstliche Intelligenz? Wie kann KI gegen den Klimawandel wirken? In welchen Sektoren kann KI eingesetzt werden? Wie wird sie beispielsweise den Verkehr und die Mobilität verändern? Und wie sieht klimaschützende KI-Politik aus? Die Antworten auf diese Fragen, lesen Sie in unseren Böll.Fakten Smarte Technologie gegen den Klimawandel. 15 Fakten über Künstliche Intelligenz.

1. KI ist ein Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel

Was genau ist eigentlich Künstliche Intelligenz und wo begegnet sie uns? Bei Künstlicher Intelligenz handelt es sich um einen Sammelbegriff für einen Teilbereich der Informatik. Eine allgemeingültige Definition für KI gibt es nicht, da der Begriff „Intelligenz“ umstritten ist. Wir unterscheiden daher häufig zwischen starker und schwacher KI bei der Begriffsdefinition. Die starke KI kennen wir aus Science-Fiction-Filmen – eine Supermaschine mit eigenem Bewusstsein, die jegliche Problemstellungen lösen kann. Schwache KI ist hingegen diejenige, die uns im Alltag begegnet: Komplexe Algorithmen, die eine bestimmte Problemstellung lösen können, auf die sie vorher trainiert wurden. Diese KI treffen wir an, wenn wir Suchmaschinen nutzen, Routen berechnen oder beim Online-Shopping personalisierte Empfehlungen erhalten.

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Zuletzt hat das maschinelle Lernen in der KI-Entwicklung deutliche Fortschritte verzeichnet. Dabei werden einem Lernsystem Datensätze zur Verfügung gestellt. Das System untersucht diese Datensätze nach statistischen Zusammenhängen. Daraus leitet es ein Ergebnissystem ab, das die Regeln festlegt, nach denen neue Daten in eine Lösung verwandelt werden. Eine Bilderkennungssoftware kann zum Beispiel durch sehr viele Bilder gesunder und trockener Bäume „lernen“, wann ein Baum zu vertrocknen droht. Wenn wir über KI oder maschinelles Lernen sprechen, handelt es sich also zunächst einmal um ein Set an Methoden oder Werkzeuge, die so in ihrer Form weder positive noch negative Effekte auf das Klima haben.

2. KI bringt die Forschung zum Klimawandel voran

KI ist heute Teil unseres Alltags und wird in unterschiedlichen Lebensbereichen eingesetzt. Die Debatte um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz dreht sich jedoch häufig um ethisch-soziale und weniger um ökologische Aspekte. Dabei kann die die fortschreitende Digitalisierung durch einen hohen Energie- und Ressourcenverbrauch auch negative Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Dabei sind es insbesondere KI-getriebene Technologien die, je nach Art und Einsatz der Anwendungen, zum vermehrten Ausstoß von Treibhausgasemissionen beitragen oder den Konsum ankurbeln. Gleichzeitig ermöglicht KI ganz neue Methoden in der Forschung und Technik und lässt sich in unterschiedlichen Bereichen auch für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel einsetzen.

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Daher ist es wichtig zu verstehen, welcher Zusammenhang zwischen der Technologie und dem Klimaschutz besteht und wie wir als Gesellschaft diese Entwicklungen steuern können. Ein wichtiger Bereich, in dem KI eingesetzt werden kann, ist die Forschung. Mithilfe von KI-Methoden kann zum Beispiel das wissenschaftliche Experimentieren deutlich beschleunigt werden: Die KI lernt aus vergangenen Versuchsreihen und verbessert so zukünftige Experimente. Mit KI können wir zudem den Klimawandel besser verstehen: In historischen Daten erkennen KI-Systeme Muster, die dabei helfen Früherkennungssysteme für Klimaveränderungen zu entwickeln. Dabei unterstützt das maschinelle Lernen die Klimaforschung darin, Satellitendaten auszuwerten und so Vorhersagen zum Klima zu erstellen. Gleichzeitig können Klimamodelle mit KI-Methoden so nachgebildet werden, dass für ihre Nutzung weniger Rechenleistung und damit weniger Energie benötigt wird. So kann nicht nur der Verlauf des Klimawandel besser simuliert und verstanden werden, sondern auch seine Auswirkungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können wiederum der Politik als Entscheidungsgrundlage dienen.

3. KI kann die Energiewende unterstützen

Eine zentrale Anwendung von Künstlicher Intelligenz ist das Erstellen von Prognosen. KI kann durch die Analyse von Mustern in historischen Daten Prognosen liefern – von der Windstromerzeugung, dem Verkehrsaufkommen oder von Extremwetterereignissen. Diese Prognosen sind wiederum sehr wichtig für die Optimierung von Stromnetzen, der Infrastrukturplanung oder für das Katastrophenmanagement.

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Insbesondere in der Energiewirtschaft wird Technologien wie Künstlicher Intelligenz immer häufiger eine Schlüsselrolle zugesprochen, da sie zu mehr Effizienz und Versorgungssicherheit führen könnten. Denn KI kann dabei helfen, den Energieverbrauch sowie klimaschädliche Emissionen zu senken – beispielweise, indem KI-Software dabei unterstützt, die Stromversorgung bedarfsgerecht, dezentral und flexibel zu gestalten. Denn mithilfe von KI können Energiebedarf und Energieverbrauch analysiert und mit anderen Informationen wie Wetterdaten kombiniert werden. Daraus leitet die KI Prognosen ab, um die Energienachfrage an das Angebot anzupassen. Solche Prognosen sind vor allem für die Energiewende wichtig, da Wind- und Sonnenenergie nicht immer gleichmäßig erzeugt wird und KI hier einen Ausgleich schaffen kann. Gleichzeitig ist die Technologie aber sehr energieintensiv. Daher muss beim Einsatz von KI-Methoden auch immer geprüft werden, ob sie am Ende wirklich mehr Energie einsparen, als sie verbrauchen.

4. KI kann das Verkehrsaufkommen verringern und klimaschonende Alternativen attraktiver machen

Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, verändert: Sie bestimmt, welche Routen wir wählen, welche Dienstleistungen wir in Anspruch nehmen, welche Verkehrsmittel wir nutzen und kombinieren. Künstliche Intelligenz kann einen Beitrag dazu leisten, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren, indem Verkehrsflüsse gesteuert, erprobt und abgestimmt werden. In Ridesharing-Modellen schlummert etwa ein großes Potenzial, den Mobilitätsbedarf in Städten drastisch zu verringern. Angenommen eine Ridesharing-Flotte wird mit einem leistungsfähigen öffentlichen Personenverkehr kombiniert, so könnte dies laut einer OECD-Studie dazu führen, dass in einer Stadt wie Lissabon nur zehn Prozent der vorhandenen Fahrzeuge gebraucht werden. Zudem können mit KI-Methoden Routen oder die Auslastung eines Fahr- oder Flugzeugs optimiert oder bestehende Schienennetze besser ausgelastet werden.

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Auch der autonom fließende Verkehr gilt als großes Versprechen, da er in seinem Energiebedarf effizienter ist. Insbesondere für den ländlichen Raum können autonome Shuttle-Services eine wichtige Ergänzung zum öffentlichen Personenverkehrssystem darstellen, etwa für Menschen, die nicht mehr selbst Fahrzeuge führen können. Gleichzeitig können diese Formen der Verkehrsoptimierung aber auch dazu führen, dass mehr Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen und dadurch mehr Treibhausgasemissionen ausgestoßen werden. Ohne politische und gesellschaftliche Steuerung können sich die Potenziale von KI für die Verkehrswende daher nicht voll entfalten.

5. Klimaschützende KI muss politisch gestaltet sein

Wir haben anhand verschiedener Bereichen gesehen, dass KI  positive Effekte auf den Klimaschutz haben kann. KI ist aber kein Allheimmittel. Vielmehr brauchen wir einen politischen Rahmen, der es ermöglicht, sowohl die Potenziale der Technologie auszuschöpfen als auch ihre negativen Effekte auszugleichen. Dafür sollten wir in unterschiedlichen Bereichen ansetzen. In der Forschung und Entwicklung sollte der Einsatz klimaschützender KI stärker gefördert werden. Daneben ist es wichtig, dass die Klimaauswirkungen von KI-Anwendungen besser reguliert werden. So muss etwa die Digitalwirtschaft ökologische Fragen stärker berücksichtigen., Hier braucht es wirtschaftliche Anreize und regulatorische Anforderungen wie die Besteuerung des CO2-Ausstoßes, um Emissionen zu senken und Rebound-Effekte zu verhindern.

Letztlich gilt es auch KI selbst nachhaltig zu gestalten, etwa indem Hard- und Software energie- und ressourceneffizient werden und Daten über den Energieverbrauch der Digitalisierung systematischer erfasst und gesammelt werden. Daten können für Verbraucher*innen mehr Transparenz über die Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen schaffen. Offene Datenstrukturen, die Forschung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft gemeinsam nutzen, können zudem dazu führen, dass Speicherung und Verarbeitung der Daten nicht mehrfach stattfinden. So können enorme Speicher- und Rechenkapazitäten eingespart werden.  Auch bei Konsum-Entscheidungen (zum Beispiel auf Online-Plattformen) können Anreize dafür geschaffen werden, sich für klimafreundlichere Optionen zu entscheiden.

Der Politik wird also eine bedeutende Rolle bei der Frage einnehmen, wie Künstliche Intelligenz zukünftig für den Klimaschutz eingesetzt wird, und ob der Einsatz von KI Ressourcenverbrauch und Emissionen tatsächlich zu senken vermag, anstatt sie noch weiter in die Höhe zu treiben.

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